Krefelder Kampagne gegen prekäre Arbeit

Katholische Arbeitnehmerbewegung aktiv vor Ort

KAB-Vorsitzender Uwe Schummer (links) und KAB-Sekretär Günter Weber präsentieren ein Bild des Krefelder Künstlers Klaus Polenz, das im Zentrum der Kampagne stehen soll. (c) Sven Schalljo, Rheinische Post
Datum:
Di. 26. Apr. 2022

Rheinische Post, Krefeld:

Ab dem 5. Mai wird die KAB für mehr Mitbestimmung von Arbeitnehmern, Tarifbindung, gesunde Arbeitsplätze und faire Entlohnung werben. Dabei nehmen die Initiatoren ausdrücklich auch die Kirche nicht aus ihrer Kritik aus.

Prekäre Beschäftigung ist ein großes Thema in Deutschland. Aktuell nimmt sich die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) am Niederrhein des Themas an und macht mit einer Kampagne auf Probleme in diesem Bereich aufmerksam. Ab dem 5. Mai wird die KAB in mehreren Aktionen unter dem Titel „WERTvoll arbeiten“ für mehr Mitbestimmung von Arbeitnehmern, Tarifbindung, aber auch gesunde Arbeitsplätze oder faire Entlohnung werben. Dabei nehmen die Initiatoren ausdrücklich auch die Kirche nicht aus ihrer Kritik aus.

„Schon in den 70er Jahren gab es Bestrebungen, den sogenannten ‚dritten Weg‘ der Kirchen abzuschaffen oder zu relativieren und eine Arbeitnehmervertretung nach Vorbild des öffentlichen Dienstes zu installieren. Das ist bis heute nicht umgesetzt und wir denken, dass gerade die Kirche hier mit gutem Beispiel vorangehen sollte“, sagt der Vorsitzende der KAB-Niederrhein, Uwe Schummer. Deutschland habe eine Verantwortung den Menschen gegenüber, dass Arbeit zu fairen Bedingungen möglich sein müsse. „Dazu zählen auch mit den Kirchen verbundene Gruppen wie Diakonie oder Caritas. Diese müssen aus unserer Sicht dringend in die Tarifbindung. Aktuell wird gerade in der Pflege das ganze Tarifrecht durch diese Organisationen ausgehebelt“, fordert der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete.

Doch die Kritik der KAB richtet sich nicht allein gegen die Kirchen. Generell soll auf das Problem der prekären Beschäftigung ein Schlaglicht geworfen werden. Dafür malte der Krefelder Künstler Klaus Polenz ein Bild zur Veranschaulichung des Themas. „Er hat selbst einst in der Textilindustrie gearbeitet und kennt all die verbundenen Probleme prekärer Arbeit. Das hat er in einem Bild in Acryl mit Kreide-Elementen eingefangen. Dieses Bild soll ein Zentrum unserer Kampagne bilden“, erklärt der hauptamtliche KAB-Sekretär Günter Weber.

Zu dieser Kampagne aber sollen noch mehr Elemente zählen. Es beginnt am 5. Mai mit einem Vortrag im Südbahnhof. „Dann wird der überregional bekannte Sozialethiker Professor Franz Segers sprechen. Seine Vorträge sind angenehm unkompliziert in ihrem Aufbau. Er versteht es, das Thema recht verständlich darzustellen und gleichzeitig gut auf Fragen und Bemerkungen einzugehen. Er kennt auch das Polenz-Bild noch nicht und will es, ganz bewusst, dort seinen ersten Eindrücken nach interpretieren. Das wird sicher spannend“, sagt Weber.

Weiterhin soll es einen Gottesdienst des Arbeitspriesters Albert Koolen geben. „Er war schon beim Düsseldorfer Flughafen, bei einer Großschreinerei und einem Logistiker und will uns hier mit seiner Erfahrung unterstützen“, berichtet Weber. Auch wollen die Verantwortlichen eine große Unterschriftensammlung organisieren. „Diese wollen wir dann an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil weiterleiten. Wir fordern darin eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro. Andernfalls verkommen Minijobs gerade für Frauen allzu oft zur Armutsfalle. Das muss verhindert werden“, so Weber.

In der Sichtweise der KAB müsse die Entwicklung ohnehin mittelfristig zu einem „Bedingungslosen Grundeinkommen“ führen. Diese Forderung ist zwar nicht Teil der aktuellen Aktion, wird aber von der KAB in separaten Stellungnahmen und Konzepten propagiert. Insgesamt müsse es ein Umdenken auf breiter gesellschaftlicher Ebene geben, fordert Schummer. „Initial für die aktuelle Aktion waren die Erfahrungen der Pandemie. Diese hat gleich einem Brennglas die Probleme offengelegt. So beispielsweise in der industriellen Fleischindustrie, wo billige Arbeitskräfte aus Bulgarien oder Rumänien ausgebeutet wurden, wo Infektionen massiv verbreitet wurden, die Menschen über Werkverträge keinerlei Sicherheit genossen und im Falle einer Infektion einfach nach Hause oder sogar in andere Betriebe geschickt wurden. Solche Zustände müssen ein Ende haben. Am besten gleich mindestens europäisch. Dafür braucht es aus unserer Sicht ein europäisches Lieferkettengesetz. Produkte, die mit prekärer oder gar Kinderarbeit erzeugt wurden, müssen europaweit aus den Regalen. Wir können mit unseren 500 Millionen Menschen, die eine große Kaufkraft erreichen, auch weltweit etwas in dieser Hinsicht erreichen“, sagt der KAB-Vorsitzende.

Dazu will die Arbeitnehmerbewegung mit ihrer aktuellen Aktion einen Beitrag leisten. Und zwar weit über die Kirchen hinaus. Arbeit, so sagen sie, sei eine wertvolle gesellschaftliche Ressource, die auch entsprechend bezahlt und wertgeschätzt werden müsse.

Autor: Sven Schalljo, Rheinische Post

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