Sehr geehrte Damen und Herren,
der Presse ist dieser Tage zu entnehmen, dass Sie beabsichtigen, als Junge Gruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Beschluss im Deutschen Bundestag über eine längerfris-tige Sicherung des Rentenniveaus von 48% zu blockieren. Als Argument führen Sie die hohen Kosten und die Generationengerechtigkeit an.
Wir fragen Sie: Ist es wirklich ratsam zur Stabilisierung der Renten das Rentenniveau abzusenken, für derzeitige Rentner, für diejenigen, die kurz- oder mittelfristig in Rente gehen und für die jungen Menschen, die in rund 30 Jahren eine Altersversorgung benötigen? Haben Sie bedacht, welche Konsequenzen eine Absenkung des Rentenniveaus für die Ökonomie, für Wachstum und Konsum hat? Mit der alleinigen Betrachtung des demografischen Wandels und der Kosten verfallen Sie der Unterkomplexität der medialen Rentendiskussion, die wohlwissentlich von sogenannten Rentenexperten angeheizt wird. Letztendlich erweisen Sie mit Ihrer beabsichtigten Blockade der Generationengerechtigkeit einen Bärendienst.
Wir müssen auch feststellen, dass die CDU sich in den letzten Jahren von ihrer eigenen christlich-sozialen Tradition verabschiedet hat. Jeder Mensch hat Anspruch auf eine würdevolle Existenz im Alter. Diese Tradition beschrieb den sozialen Ausgleich als eine moralische Verpflichtung und eine Verbindung von individueller Verantwortung und staatlicher Solidarität. Das ist mehr als die Kostenfrage ins Spiel zu bringen und die populistische Rede von der Generationengerechtigkeit zu führen.
Für die Stabilität der Rentenversicherung sind im Wesentlichen ein zukunftsgerichteter Arbeitsmarkt und eine Tarifbindung maßgeblich, die gute Löhne und damit gute Renten sichert. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist zu stärken, indem mehr Kita-Plätze geschaffen werden mit entsprechend guter Bezahlung für die Menschen in Erziehungsberufen. Weiterhin ist die Zuwanderung und Arbeitsmarktintegration von Migrant:innen zu forcieren. Ihnen ist doch sicher auch verständlich, dass die derzeitige Abschottung Deutschlands durch die Grenzkontrollen hier kontraproduktiv ist. Eine Verbesserung des Bildungssystems und eine Reduzierung der Schulabbrecherquote tragen ebenso zur Stabilisierung der Rentenversicherung bei.
Zur langfristigen Finanzierung der Rentenversicherung ist eine moderate Beitragssteigerung in den nächsten Jahren unumgänglich. Wenn man rechnet, würde z. B. eine Steigerung des Rentenbeitrags um 2 % bei einem Durchschnitts-Bruttoeinkommen von 4.000 Euro für den Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils lediglich 40 Euro im Monat bedeuten. Im Gegenzug wäre die Rente für diejenigen, die in den nächsten 15 Jahren in Rente gehen, gesichert.
Eine Steigerung des Bundeszuschusses ist angesichts der Größe der Aufgabe, nämlich einer Stabilisierung der Altersversorgung und einer Sicherung des Generationenvertrages, dringend notwendig. Bei der Höhe des Bundeszuschusses ist zu berücksichtigen, dass aus der Rentenversicherung zahlreiche sogenannte versicherungsfremde Leistungen finanziert werden, wofür im Gegenzug keine Beiträge erbracht werden. So profitieren auch solche von Zahlungen aus der Rentenversicherung, die keine Beiträge gezahlt haben. Über die Höhe muss Transparenz hergestellt werden, wie es auch der Bundesrechnungshof fordert. Bei der Finanzierung staatlicher Aufgaben stellt sich auf sämtlichen Gebieten, wie auch der Rentenversicherung, die dringende Frage der Umverteilung des Reichtums und der Einbeziehung aller Einkommensarten und des privaten Vermögens in die Finanzierung staatlicher Aufgaben. Hier gilt das Prinzip „starke Schultern haben mehr zu tragen als schwache“.
Als Ergänzung zur gesetzlichen Rente gilt es, die durch die Arbeitgeber:innen finanzierte betriebliche Altersvorsorge zu stärken und auszubauen.
Weiterhin muss gelten: Die Rente muss mit den Löhnen steigen. Alles andere wäre ungerecht. Rentner:innen sollen sich das gewohnte Leben und die aktuelle Wohnung weiter leisten können. Der Nachholfaktor in der Rentenformel bedeutet Rentenkürzungen und verhindert, dass die Renten den Löhnen folgen.
Langfristig muss die gesetzliche Rentenversicherung zur Pflichtversicherung für alle Erwerbstätigen werden. Das gilt auch für geringfügig Beschäftigte, Scheinselbständige, Werkvertragsarbeiter:innen und Selbstständige. Der öffentliche Dienst muss durch weniger Verbeamtungen langfristig in das Rentensystem einbezogen werden. Berufsständische Versorgungssysteme sind ebenso einzubeziehen wie Abgeordnete.
Die Existenz einer verlässlichen Rentenversicherung ist eine zentrale Errungenschaft unseres sozialen Rechtsstaates. Sie darf nicht zum Spielball kurzfristiger wirtschaftlicher und politischer Interessen werden. Eine stabile und verlässliche Altersversorgung für alle Menschen in Deutschland ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer Demokratie. Der Generationenvertrag in der Rentenversicherung verlangt nach einer langfristigen Perspektive, damit jetzige und zukünftige Generationen sich auf eine auskömmliche Rente verlassen können und Vertrauen in das Rentensystem und den Staat entstehen kann. Die Rente ist und bleibt die Alterssicherung für eine Lebensleistung und ist mehr als die Verhinderung von Altersarmut.
Der Vorstand der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung der Diözese Aachen