Meine Familie braucht das Geld!

Viele Fahrer wissen von ihrer Ausbeutung, haben aber keine Alternative ...

Rastplatz Aachen-Nord (c) Gulbins
Datum:
Fr. 6. Dez. 2024

... so heißt das Gewalt leiden, und die Gerechtigkeit erhebt gegen einen solchen Zwang Einspruch. (so benannt in rerum novarum, 1891)

Rastplatz Aachen-Nord

Rastplatz Aachen-Nord (c) Gulbins

Auch in diesem Jahr waren Aktivist:innen des Projekt Transit zusammen mit #fairemobilität wieder auf dem Aachener Rastplatz unterwegs.

Es galt zu SEHEN: Wie beschreiben die vorrangig osteuropäischen Fernfahrer ihre Arbeitssituation – dies umspannt Fragen vom Arbeitslohn bis hin zum Arbeitsschutz? Wie sieht Ihr Alltag aus? Kennen Sie die rechtlichen Grundlagen?

Es galt zu URTEILEN: Wo wird geltendes Recht gebrochen? Werden die Fahrer ausgebeutet? Welche Fahrer können berichten, dass ihre Arbeitgeber nach gesetzlichen Vorgaben handeln?

Es galt zu HANDELN: Wir weisen auf Beratungsmöglichkeiten hin und erläutern, wie sie sich rechtlich wehren und verwehrte Leistungen einfordern können. Wir machen die Erfahrungen der Fahrer öffentlich.

Rastplatz Aachen-Nord (c) Gulbins

Es sind immer Impressionen aus einzelnen Gesprächen, die an einem solchen Tag zusammenkommen. Ein Bulgare, der in einem weißrussischem LKW saß und in einer estnischen Firma angestellt ist, musste bitter erfahren, dass für ihn in den letzten Jahren keine Rentenzahlungen geleistet wurden. Ein anderer erzählte, dass seine digitalen Fahrdaten ständig überschrieben werden und er sie nicht für sich abspeichern kann - als Grundlage, Ansprüche einklagen zu können. Und immer das Gleiche: Spesen werden mit dem Lohn verrechnet: Lohn + Spesen = Mindestlohn. Viele Fahrer, so vertrauen sie sich uns an, wissen von ihrer Ausbeutung, haben aber keine Alternative: „Meine Familie braucht das Geld!“. So heißt es bereits in rerum novarum, 1891: „Gesetzt, der Arbeiter beugt sich aus reiner Not oder um einem schlimmeren Zustande zu entgehen, den allzu harten Bedingungen, die ihm nun einmal vom Arbeitsherrn oder Unternehmer auferlegt werden, so heißt das Gewalt leiden, und die Gerechtigkeit erhebt gegen einen solchen Zwang Einspruch.

Der 6. Dezember ist nun aber auch der Nikolaus-Tag. Darum haben die Aktiven auch den Nikolaus mitgebracht, der die Fahrer beschenkte - verbunden mit dem Dank an die Fahrer, die ja für uns tätig sind (oder wie gelangen Sie an ihre Weihnachtsgeschenke?). Und was uns sehr bewegte: die Fahrer haben auch uns beschenkt - tatsächlich auch mit Äpfeln.

Bericht: Andris Gulbins

Westpol: Überlastete LKW Fahrer

Überlastete LKW-Fahrer (c) Westpol / WDR

Wochenlang unterwegs, Schlafen im Führerhaus, niedrige Löhne: Viele LKW-Fahrer auf NRWs Straßen leiden unter einem harten Arbeitsalltag. Vor allem Fahrer, die für osteuropäische Speditionen arbeiten, werden häufig ausgenutzt, beklagt der DGB und fordert mehr Kontrollen, damit Arbeitnehmerrechte eingehalten werden.

Mit einem aufschlussreichen Videoclip gibt Westpol Einblicke in die zum Teil katastrophalen Arbeitsbedingungen von osteuropäischen LKW-Fahrern. Der Bericht startet bei 17:19 min.

Nikolausaktion auf den Raststätten Cloerbruch Nord und Süd

Raststätte Cloerbruch (c) KAB Stadtgruppe Mönchengladbach / KAB Gruppe Anrath

Am Nikolaustag hat die KAB-Stadtgruppe Mönchengladbach gemeinsam mit Helfer:innen der KAB Gruppe Anrath und zwei ukrainischen Freund:innen eine besondere Aktion durchgeführt: Auf den Autobahnraststätten Cloerbruch Nord und Süd wurden 120 Nikolaustüten an LKW-Fahrer verteilt. Die Tüten, gefüllt mit einem Schokoladen-Nikolaus, Obst, einer KAB-Kerze und einem Rosinenweckmann, wurden von der Betriebsseelsorge des Bistums Aachen gespendet.

Zusätzlich enthielten die Tüten einen roten Zettel mit dem Aufdruck „Gute Fahrt“ in verschiedenen Sprachen und einem QR-Code. Über diesen QR-Code können die Fahrer auf das Portal Faire Mobilität zugreifen, das ihnen auch über den Nikolaustag hinaus Unterstützung und Beratung bietet. Damit soll die Aktion nachhaltig Wirkung zeigen und den Fahrern langfristige Hilfe ermöglichen.

Raststätte Cloerbruch (c) KAB Stadtgruppe Mönchengladbach / KAB Gruppe Anrath

Eindrücke und Begegnungen

Als Bischof Nikolaus verkleidet, sorgte Wolfgang Gerkens Mitglied der KAB-Stadtgruppe Mönchengladbach für strahlende Gesichter unter den Fahrern. Unterstützt wurde die Gruppe von Florian Zeeh vom WDR Lokalsender Düsseldorf, der die Aktion begleitete, um mehr über die Lebensrealität der Fernfahrer zu erfahren.

In den drei Stunden auf den Raststätten ergaben sich viele berührende Gespräche. Zahlreiche Fahrer, oft aus osteuropäischen Ländern, berichteten von den Herausforderungen ihres Berufs. Viele verbringen Monate, teils sogar ein Jahr, unterwegs – fernab von Familie und Zuhause. Kosten für Duschen, Toiletten und Essen müssen sie oft selbst tragen, was die ohnehin niedrigen Löhne weiter schmälert.

Ein ukrainischer Fahrer brachte seine Freude zum Ausdruck, als der Nikolaus ein ukrainisches Lied abspielte, das er mitsang. Andere berichteten stolz von ihren Familien, wie ein österreichischer Fahrer, der bald in Rente geht, aber auch Opfer wie Scheidung hinnehmen musste.

Raststätte Cloerbruch (c) Thomas Nies

Die Fahrer äußerten klare Verbesserungswünsche für ihren Beruf:

  •     Kostenfreie Nutzung von Duschen und Toiletten auf Raststätten
  •     Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen

Die kleine Nikolausaktion brachte große Freude: Einige Fahrer riefen ihre Familien per Videokonferenz an, um ihnen zu zeigen, dass der Nikolaus sie besucht hat. Diese Geste der Wertschätzung hat viele Herzen berührt und eine bleibende Erinnerung geschaffen.

Raststätte Cloerbruch (c) Thomas Nies

 

Die KAB-Stadtgruppe Mönchengladbach dankt allen Beteiligten und Helfer:innen für die Unterstützung dieser besonderen Aktion. Mit dem Hinweis auf die Plattform Faire Mobilität wird den Fahrern zudem eine Möglichkeit an die Hand gegeben, sich langfristig Hilfe und Beratung einzuholen.

Bericht: Elisabeth Brack

Die Lokalzeit Aachen berichtet

Der WDR war zu Gast bei unserer Aktion auf dem Rastplatz Cloerbruch. Der Bericht startet bei 24:25 min.

Impressionen zum Nikolaus-Tag am Autohof im Mönchengladbacher Regiopark

16 Bilder

Das Arbeitslosenzentrum Mönchengladbach berichtet auf seiner Homepage über die Aktion auf dem Autohof.