Die hohe Inflation verschärft noch einmal die Situation von Frauen, die in prekären Verhältnissen leben.
War es bereits bisher ein Kraftakt, sich selbst und ggf. die Kinder gesund und ausgewogen zu ernähren, stoßen die Frauen nun endgültig an Grenzen. Manche gehen bereits seit Jahren zu Tafeln, aber die Regale leeren sich dort zurzeit rascher, als sie wieder gefüllt werden können.
Über ihre schwierige Lage sprachen betroffene Frauen aus der StädteRegion Aachen heute mit der Eschweiler Bundestagsabgeordneten Claudia Moll (SPD). In Alsdorf-Busch übergaben sie ihr einen prekären Frühstückskorb mit den Lebensmitteln, für die ihre finanziellen Möglichkeiten im Alltag mit geringen Einkommen reichen. Diesen Korb wird die Abgeordnete wiederum bei der nächsten Fraktionssitzung Bundesarbeitsminister Hubertus Heil übergeben. Mit hineingepackt sind 380 Unterschriften aus der KAB für eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten verdienten Euro, als Beitrag zur Bekämpfung von Armut.
Beim ausführlichen prekären Frühstück bei Toastbrot, Margarine und Marmelade erzählten die häufig gesundheitlich belasteten, teils früh verwitweten Frauen, wie sie und ihre Familien mit Ämtern, Behörden, Krankenkassen, Rentenversicherung um Ansprüche auf Unterstützung kämpfen. Es ist ein Hürden- und Stafettenlauf ohnegleichen. Ihnen wird oft nicht geglaubt, sie kriegen keine Termine, sie müssen alles dreimal einreichen. Zuständige Stellen schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu, während die dringend benötigte Hilfe ausbleibt. Die Not ist teilweise existenziell, die Verzweiflung groß.
Claudia Moll versteht etwas von diesem Leben. Ohne ihr Bundestagsmandat hinge sie in einer ähnlichen Falle, berichtete sie den Frauen beim Frühstück. Denn sie hat zwar 30 Jahre in Teilzeit in der Pflege gearbeitet, aber die Rentenansprüche, die sie sich dabei erwarb, sind lächerlich gering. Das ganze System ist falsch, sagt sie. Zustimmendes Nicken und Skepsis zugleich bei den Frauen, denn die Hilfe brauchen sie jetzt. Claudia Moll hört zu, fragt nach, verspricht, dem ein oder anderen Problem direkt im neuen Jahr nachzugehen. Das tut der ein oder anderen Frau sehr gut, viele wissen kaum oder gar nicht mehr weiter.
Großen Halt finden sie im Projekt "Frauen stärken" von Pfarrei St. Castor Alsdorf und KAB. Dort treffen sie Frauen in einer ähnlichen Situation, mit denen sie sich offen austauschen können. "Anderswo bleibt man allein mit seinen Problemen, man frisst alles in sich hinein", fasst eine zusammen. Tipps gibt es untereinander und Melanie Kohnen von "Frauen stärken" gibt weitere fachkundige Unterstützung. Bei ihrem Besuch versucht Claudia Moll, Mut zu machen, sie trommelt für Selbstbewusstsein. Und doch: Der jahrelange Windmühlenkampf mit den Widrigkeiten des Lebens und der Bürokratie macht viele Frauen müde. "Es ist nicht jeder so stark", entgegnet eine Frau.
Der Treff, in dem so viele Gespräche, Begegnungen, Aktivitäten stattfinden, stärkt die Frauen. Immer wieder stoßen Neue hinzu, Passantinnen, die am Ladenlokal an der Alten Aachener Straße 12 vorbeikommen, zum Beispiel. Oder kürzlich, ganz verrückt, die Dürener Kreistagsabgeordnete Ayse Kaplakarslan, ebenfalls SPD. Sie hat vom Projekt über Social Media erfahren und schaut jetzt immer wieder vorbei. Die Frauen haben sie gleich ins Herz geschlossen. Eine wohltuende kleine Welt jenseits des Alltags mit großen Sorgen und Nöten.
Claudia Moll nimmt beides mit nach Berlin - und auch eine Fahrt nur für Frauen zu ihr im Bundestag ist zugesagt. Mit etwas Glück können sie dann dem Arbeitsminister Hubertus Heil persönlich ihre Situation schildern. Danke, Claudia Moll, für Ihren Besuch, Ihre Wertschätzung und Ihre Zeit!
Fotos: Thomas Hohenschue